Aufgrund der strategischen Bedeutung von Jülich, das vom 1547
bis 1860
Festungsstadt war, wurde die Stadt beim Bau der Eisenbahnen in Deutschland
zunächst nicht berücksichtigt. So wurde die Bahnlinie von Köln nach Aachen nicht
über Jülich, sondern über Düren geführt.Das Kriegsministerium verwies darauf, dass man
dem Feind keine Möglichkeit bieten wolle, sich eines vorhandenen
Schienenstranges zu bedienen. Erst nach 1860 durfte mit den
Planungen für den
Bau einer Eisenbahn begonnen werden, welche folgende Strecken vorsah:
- Jülich - Düren
- Jülich - Stolberg
- Jülich - Mönchengladbach
Mit dem Bau
der Strecken wurde 1870 begonnen. Am 20.Juli 1873 erreichte der erste Zug
noch inoffiziell fahrend von Düren kommend den Bahnhof
Jülich. Offiziell wurden die genannten Strecken am 1. Oktober 1873 dem Betrieb
unter der Leitung der Bergisch Märkischen Eisenbahn übergeben. In den folgenden Jahren wurde das Eisenbahnnetz weiter ausgebaut.
Besonders für den Bergbau im Wurmrevier war die Strecke Aachen Nord - Jülich von
Bedeutung, die durch die Aachen - Jülicher Eisenbahn gebaut wurde und am 1.Oktober 1882
den Betrieb aufnehmen konnte. Zwei Jahre später, am 15. Oktober 1884, konnte die
durch die Preußische Staatsbahn errichtete Strecke Jülich - Eschweiler Aue
- Stolberg befahren werden.
Jülich hatte sich in den Jahren zu einem Eisenbahnknotenpunkt
entwickelt. Es musste die Möglichkeit geschaffen werden, Lokomotiven für den
Einsatz von Jülich aus bereit zu halten als auch Lokomotiven in Jülci zu warten. Deshalb wurde im südlichen
Bereich des Bahnhofs eine Betriebswerkstätte errichtet. Bis 1880 enstand ein dreigleisiger
Rechteckschuppen mit Wagenabstellgleisen. Bis 1900 folgte ein Werkstattgebäude und bis zum Jahr 1908
wurde ein neunständiger Rundschuppen mit vorliegender 16,20m Drehscheibe
errichtet. Für den Bau des Rundschuppens musste die Strecke Jülich - Aachen Nord
weiter nach Osten verlegt werden.
Dieser Gleisplan zeigt den Zustand des Jülich im Jahr 1940. Durch den Durchlass am Iktebach neben den Strahlengleisen der Drehscheibe wurde ursprünglich die Strecke Aachen Nord - Jülich in den Bahnhof geführt.
Die Lokomotiven der Bergisch Märkischen Eisenbahn
und der
Rheinischen Eisenbahn waren anfangs noch mit Namen versehen. Es handelte sich um kleinere
Lokomotiven mit der Achsfolge B1, 1B oder auch 1A1. Die wurden ab 1865 durch
durch stärkere C-gekuppelte Maschinen abgelöst. Nach Übernahme der privaten
Bahngesellschaften durch die Preußische Staatsbahn waren es preußische
Lokomotiven, die das Bild in Jülich prägten.
So kamen preußische G3 (spätere BR 53.10) preußische
T9.1 (spätere BR 90.0) und preußische T11 (spätere BR 74.0) zum Einsatz.
Zum 1. April 1920 wurde die Betriebswerkstätte Jülich zum Bahnbetriebswerk (Bw) Jülich umbenannt. Unterstellt war die Dienststelle dem Maschinenamt (MA) Mönchengladbach.
In den 20er und 30er Jahren mussten mit Jülicher Lokomotiven
täglich 60 Reisezüge und 34 Güterzüge bespannt werden. Daneben wurde der
Rangierbetrieb im Jülicher Bahnhof ebenfalls durch Lokomotiven des Bw
Jülich abgewickelt.
Ullrich Walluhn gibt einen Lokomotivbestand für das
Bw Jülich zum Stichtag 31.10.1925 wieder, der sich wie folgt darstellt:
53
pr. G3 7029,7104,7117,7118,7119
53 pr. G4.1
7611
55
pr. G7.1 305, 332, 391, 562
55 pr. G7.2
714, 1090
55
pr. G8 1840,1841,1882
55 pr. G8.1
3022,3440,3887,5087,5278
74 pr. T12
820, 829, 830
78
pr. T18 184
90 pr. T9.1
020, 094, 095, 120, 128, 129, 130, 131, 172
91 pr. T9.3
437, 554, 555, 556, 557, 558, 699, 700,1055,1382
Die Tage der Baureihe 53 und der Baureihe 90 waren bei der
Reichsbahn gezählt. Die letzten der oben genannten Lokomotiven der Baureihe 53
wurden 1929 ausgemustert. Mit der 90 131 schied im März 1933 die letzte
preußische T 9.1 der RBD Köln aus dem Dienst aus.
Der Bestand bei der Baureihe 91 hatte sich bis Mitte/Ende 1936 bereits reduziert. Folgende Lokomotiven waren in Jülich vorhanden:
91
437, 555, 558, 700, 926, 1055,1382
1937 wurden die 91 437, 1055
und 1382 an das Bw Engers abgegeben. Im Mai 1938 waren keine Lokomotiven der
Baureihe 91 mehr in Jülich beheimatet.
Der zweite Weltkrieg
Mit 94 1365 erhielt das Bw Jülich vom 27.06. - 16.07.1941 für eine kurze Zeit eine T 16.1 zugeteilt. [3]
Bis zum Sommer 1944 war vom Krieg in Jülich kaum etwas zu bemerken.
Die tagebuchartigen Notizen des damaligen Reichsbahnbeamten Josef Kreutz (* 1893, + 1963), veröffentlicht im Buch "Jülich - die alte Eisenbahnerstadt" [1] verdeutlichen das Geschehen jener Tage. Zum Bahnbetriebswerk finden sich folgende Stellen:
"16.11.1944 ... Teile des Bahnbetriebswerks durch Sprengbomben zerstört und ausgebrannt..."
"17.11.1944 ... Bf Jülich soll provisorisch wieder hergerichtet werden. (Hierzu ist es nicht mehr gekommn, da schon wenige Tage nach der Zerstörung die Front der Amerikaner an der Rur und die Deutsche HKL [Hauptkampflinie] im Bahnhof (Bahnbetriebswerk) lag."
"23.11.1944 ... Aus Jülich sollen noch die Lok herausgeholt werden und zwar über Düren. Wiederherstellung für die Zufahrt aus Richtung Welldorf nicht möglich..."
Mit Genehmigung der Alliierten begannen rund zwei Dutzend
Eisenbahner im Juni 1945 mit den Aufräumarbeiten.
Ende Juni 1945 gelang
es den Eisenbahnern mit der 74 448 wieder eine Dampflok betriebsfähig
herzurichten und einzusetzen. [1]
Zum 04.11.1945 war der Bestand an Lokomotiven schon wieder deutlich gewachsen:
Bestand Jülich 04.11.1945 [2]
55 3113
74 445, 448, 555, 574, 777, 833, 932, 996
91 702
Ende Januar 1948 waren mit 91 702 und 91 1455
noch einmal zwei Lokomotiven
der Baureihe 91 im Bestand des Bw Jülich. Zum Stichtag 26. April 1948 gab
es keine Lok der Baureihe 91 mehr in Jülich.
Bis 25.06.1948 waren sechs
Lokstände wieder wintersicher, bis 31.Juli kamen drei weitere Lokstände
hinzu. [1]
In den kommenden Jahren wurden die Strecken rund um Jülich wieder instandgesetzt. Im April 1950 wurde als letzte die Strecke Jülich - Dahlheim wieder dem Betrieb übergeben.
Dieser berichtigte Plan aus dem Jahr 1956 zeigt das Bw Jülich im Nachkriegszustand. Es führten nur noch 6 Gleise in den wieder aufgebauten Lokschuppen. Dieser Bauzustand änderte sich bis zur Auflösung des Bw nicht mehr.
Versuchsweise wurde 24 069 von Kleve zum Bw Jülich umbeheimatet. Sie wurde nur vom 04.April 1950 bis zum 18.Mai 1950 in Jülich eingesetzt. Ihr Betrieb auf den Jülicher Nebenbahnen erwies sich jedoch als unwirtschaftlich. Daher wurde die Lok wieder an das Bw Kleve zurückgegeben.
Als eine weitere Splittergattung des
Bw Jülich wird die Baureihe 58 (pr. G12)
erwähnt. [2]
So soll die 58 248
ab Juni 1950 auf z im Bw Jülich gestanden haben. Des weiteren standen 58 301 und 58 303 bis Februar
1952 im Bw Jülich abgestellt.
Der Strukturwandel
Zur Kostensenkung und Personaleinsparung beschaffte die Deutsche Bundesbahn einmotorige Schienenbusse. Auch dem Bw Jülich wurden Schienenbusse, welche die Baureihe 74 im Reisezugverkehr ablösen sollten, zugeteilt.
Es waren dies:
Triebwagen | Abnahme | Hersteller | Jülich von - bis |
VT 95 9334 | 12.03.1954 | Uerdingen | Abnahme - 31.05.1959 |
VT 95 9335 | 12.03.1954 | Uerdingen | Abnahme - 31.05.1959 |
VT 95 9619 | 02.05.1955 | MAN | Abnahme - 31.05.1959 |
VT 95 9620 | 03.05.1955 | MAN | Abnahme - 31.05.1959 |
VT 95 9621 | 03.05.1955 | MAN | Abnahme - 31.05.1959 |
VT 95 9622 | 05.05.1955 | MAN | Abnahme - 31.05.1959 |
VT 95 9623 | 09.05.1955 | MAN | Abnahme - 31.05.1959 |
VT 95 9624 | 09.05.1955 | MAN | Abnahme - 31.05.1959 |
VT 95 9625 | 09.05.1955 | MAN | Abnahme - 31.05.1959 |
VT 95 9626 | 10.05.1955 | MAN | Abnahme - 31.05.1959 |
Beiwagen | |||
VB 142 234 | 12.03.1954 | Orion | Abnahme - 31.05.1959 |
VB 142 235 | 13.03.1954 | Orion | Abnahme - 31.05.1959 |
VB 142 522 | 02.05.1955 | Orion | Abnahme - 31.05.1959 |
VB 142 523 | 02.05.1955 | Orion | Abnahme - 31.05.1959 |
VB 142 524 | 04.05.1955 | Orion | Abnahme - 31.05.1959 |
VB 142 525 | 06.05.1955 | Orion | Abnahme - 31.05.1959 |
VB 142 527 | 06.05.1955 | Orion | Abnahme - 31.05.1959 |
VB 142 528 | 06.05.1955 | Orion | Abnahme - 31.05.1959 |
VB 142 529 | 11.05.1955 | Orion | Abnahme - 31.05.1959 |
VB 142 530 | 10.05.1955 | Orion | Abnahme - 31.05.1959 |
Bereits mit Lieferung der ersten beiden VT 95/VB 142 konnten
drei Lokomotiven der Baureihe 74
abgestellt werden.
Vom Bw Düren kam am 17.Oktober 1954 die 86 493
vorübergehend zum Bw
Jülich. Sie blieb die einzige Lok dieser Baureihe, die in Jülich beheimatet war.
Bereits zum 17.Dezember 1954 wurde die Lok wieder nach Düren zurückgegeben.
Zum Sommerfahrplan 1955 wurden von Jülich aus sämtliche
Reisezüge mit Ausnahme der Strecke Jülich - Aachen Nord, deren Züge
weiterhin mit Lokomotiven der Baureihe 74 bespannt wurden, mit
Schienenbussen bedient. Gleichzeitig wurde Jülich zum Auslauf-Bw für
sämtliche Lokomotven der Baureihe 74 der Bundesbahndirektion Köln.
Neben
den oben aufgelisteten Schienenbussen waren zum Fahrplanwechsel am 22.05.1955
folgende Lokomotiven in Jülich beheimatet:
55 2764, 3463, 3635,
3897, 4116, 4173, 5510, 5557, 5559
74
478, 513, 516, 522, 545 (z), 555 (z), 556 (z), 574, 585, 598, 634, 654, 701,
735, 777, 827, 856, 876, 981, 996, 999
Am 29.September 1956 wurde der Fahrzeugbestand durch den VT
95 9167 des Bw Wuppertal Steinbeck, VT 95 9367 des Bw Lüneburg, VT 95 9368 des
Bw Buchholz ergänzt. Beiwagen kamen mit dem VB 142 399 und VB 142 510 des Bw
Husum sowie dem VB 142 151 des Bw Finnentrop hinzu.
Bereits am 31.Mai
1957 verließen der VT 95 9167 und der VB 142 151 das Bw Jülich
wieder und wurden zum Bw Bergheim umbeheimatet. Es folgten einen Tag später, am
1. Juni 1957 der VT 95 9367, der VT 95 9368 sowie der VB 142 399 und VB 142 510.
Damit wurde der Bestand an Schienenbussen wieder auf 10 Einheiten, wie
er bei bei der Übernahme des planmäßigen Betriebes zum Sommerfahrplan 1955
bestanden hatte, reduziert.
Beim Dampflokbestand gab es bis 1957 wenige Veränderungen. Zum
01.August 1957 waren in Jülich beheimatet:
55
3635, 4173, 5182, 5510, 5526, 5557
74
478 (z), 513, 545 (z), 555 (z), 556 (z), 598 (z), 654, 701, 777, 827, 856, 857,
876 (z), 981, 996, 999, 1072, 1212
Der Strukturwandel ging weiter. Zum 31.05.1959 wurden sämtliche
Schienenbusse samt Beiwagen des Bw Jülich zum Bw Stolberg umbeheimatet. Jülich war nun nur
noch Außenstelle für die Stolberger Schienenbusse und damit faktisch ein reines
Dampflok-Bw. Eingesetzt wurden weiterhin die BR 55 und die BR 74. Am 09. Juni 1962 endete der der planmäßige Einsatz der Baureihe
74. Letzte eingesetzte Lok war die 74 1070, die noch einmal am frühen Morgen
eine Fahrt von Jülich nach Mönchengladbach und zurück und
anschließend Jülich - Aldenhoven und zurück zu absolvieren hatte. Um 12.02 Uhr
mit dem Einlaufen des Zuges war das Ende der Planleistungen der Baureihe 74
gekommen. V100 des Bw Düren übernahmen die Leistungen der Baureihe 74. Was für
die BR 74 blieb, waren Arbeitszugleistungen rund um Jülich, lediglich die BR 55
wurde noch planmäßig eingesetzt.
Der Lokbestand zum 31.08.1962 weist noch 6 betriebsfähige
Lokomotiven der Baureihe 55 und 12 betriebsfähige Lokomotiven der Baureihe 74
auf:
55
3635, 4173, 5182, 5510, 5526, 5557
74
478 (z), 513, 545 (z), 555 (z), 556 (z), 598 (z), 654, 701, 777, 827, 856, 857,
876 (z), 981, 996, 999, 1072, 1212
Der 7. September 1962 war der
letzte Tag einer planmäßigen Leistung einer Jülicher Dampflok. Letzte Planlok war die 55 3870, die an diesem Tag einen Zug von Jülich
nach Viersen und zurück beförderte. Danach blieben für die Jülicher Loks
nur noch Arbeitszugleistungen. Hierzu wurden die 74 1212 in Jülich, Weisweiler
und Lindern, die 55 4173 in Jülich, Horrem und Lindern und die 55 3870 in Jülich
eingesetzt. Es kam, wie es kommen musste; das Bw Jülich wurde am 30. September
1962 zur Außenstelle des Bw Düren degradiert.
Von Jülich ausgehend wurden
weiterhin Lokführer eingesetzt. Es galt nun die Baureihen V60, V100,
Köf III, ETA 150 und VT 95 des Bw Düren , BR 50 des Bw Stolberg sowie ETA 150
des Bw Mönchengladtbach und VT 98 des Bw Rheydt mit Lokführeren zu besetzen.
Darüber hinaus wurde Personal für eine Lokleitung und eine kleine
Werkstattbesetzung weiterhin benötigt.
Am 1. April 1977 folgte der nächste Schritt auf das Ende hin. Jülich wurde zur Meldestelle des Bw Düren herabgestuft.
1980 wurden der Lokschuppen, die Drehscheibe, die Bekohlungsanlagen und sämtliche Ausschlackgruben und Wasserkräne eingeebnet. Lediglich die Wagenhalle blieb erhalten. Sie wurde später durch den "Eisenbahn Amateur Klub Jülich" zur Unterstellung seiner Fahrzeuge genutzt.
1978, zwei Jahre vor dem Abriss, sind weite Teile des Bahnbetriebswerkes noch vorhanden, aber bereits dem Verfall preis gegeben.