Werkbahnen im Raum
Aachen
- Stolberg -
52222 Stolberg: Saint-Gobain Glas (ehemals VEGLA), Nikolausstraße 1
Die Saint-Gobain Glas Deutschland GmbH ist ein Unternehmen der französischen
Gruppe "Compagnie de Saint-Gobain". 1857 pachtete Saint-Gobain die in
Stolberg-Münsterbusch gelegene Glashütte der Aachener Spiegelmanufaktur AG.
Sechs Jahre später, 1863, ging die Glashütte in den Besitz von Saint-Gobain
über.
Im gleichen Jahr wurde mit dem Bau eines neuen Werkes im Stolberger
Schnorrenfeld begonnen, dessen Lage deutlich günstiger war als die des Werkes in
Münsterbusch. Im Schnorrenfeld lieferte der Fluss Inde das zum Schleifen von
Glas erforderliche Wasser. 1866 wurde in Stolberg die erste Gussglashalle
Deutschlands in Betrieb genommen.
Mit der Inbetriebnahme wurde Zug um Zug die Produktion vom Standort Münsterbusch in das neue Werk im Schnorrenfeld verlegt. Am 11.12.1867 wurde die 1,4 km lange Eisenbahnstrecke vom Stolberger Hauptbahnhof bis zur Stolberger Spiegelmanufaktur durch die Rheinische Eisenbahngesellschaft eröffnet. Mit dieser Strecke wurde erstmals in Stolberg ein Industriebetrieb direkt an die Eisenbahn angeschlossen.
Auf diesem Foto, das vermutlich vor 1880 gefertigt wurde, sind einzelne
Güterwagen vor den Gebäuden der Glashütte gut zu erkennen. Wie es scheint,
endete hier das Streckengleis. Erst 1881 wurde die Strecke zwischen Stolberg
Hauptbahnhof und Stolberg Hammer dem Betrieb übergeben. Wie der Anschluss zum
Werk ab 1881 angelegt war, kann ich leider nicht sagen.
Saint-Gobain benötigte für den Verschub auf dem Werksgelände eigene Lokomotiven.
Beim Auswerten von Lieferlisten stieß ich auf eine feuerlose Lokomotive aus dem
Hause O&K (2162/1907), die an Saint-Gobain ausgeliefert wurde. Wie lange diese
Lok in Stolberg eingesetzt wurde und was mit ihr geschah, vermag ich nicht zu
sagen.
Zwischen 1907 und 1909 wurde die Stolberger Talbahn zwischen dem Bahnhof
Stolberg Hbf und dem Bahnhof Stolberg Hammer zweigleisig ausgebaut. Auf der
folgenden Postkarte aus dem Jahr 1911 ist neben der zweigleisigen Strecke der
Rheinischen Eisenbahn auch sehr gut der Werksanschluss der Spiegelmanufaktur in
Höhe der Nikolausstraße zu sehen.
1913 erhielt Saint-Gobain die heute noch als Denkmal vorhandene Hanomag 6825.
Bilder vom Dampfbetrieb auf dem Gelände von Saint-Gobain sind eher selten. So
war es auch bei Bernd Birkholz eher ein Zufallsprodukt, als er auf dem Weg zum
Bw Stolberg dieses Foto machen konnte.
Mit der Fabriknummer 18266 entstand bei der Firma Henschel 1921 diese folgende Lok für
die Saint-Gobain in Stolberg.
Ende 1967 wurde das Bild von Cor Dudnik am Bahnübergang an der Münsterbachstraße
aufgenommen. Peter Engel stellte dieses Bild, welches er in seiner Sammlung
bewahrt, freundlicherweise zur Verfügung.
Das folgende Bild aus der Sammlung von Stefan Donnerhack zeigt noch einmal die
Hanomag 6825. Es wurde am 24.07.1970,
57 Jahre nach der Indienststellung der Lok, in Stolberg aufgenommen und die Lok
zeigt sich nach wie vor in guter Verfassung.
Doch zurück zum Werkbahnanschluss:
In den kommenden Jahren, der genaue Zeitpunkt ist mir nicht bekannt, wurde der
Werkanschluss von der Nikolausstraße in den Bereich des heutigen
euregiobahn-Haltepunktes Schneidmühle verlegt. Auf dem abgebildeten Gleisplan
von 1927 ist der "neue" Werksanschluss eingezeichnet.
Vermutlich zwischen 1928 und 1929, auch hier ist mir keine konkretere Eingrenzung möglich, entstand ein weiterer Werkbahnanschluss in Höhe der Münsterbachstraße.
Folgen wir der Zeitleiste, so kommt nun eine Neuerung im Lokomotivbestand. Die
Henschel-Lieferlisten weisen mit der unter der Fabriknummer 18266 für das Jahr
1921 einen B-Kuppler aus, der an Saint-Gobain nach Stolberg geliefert wurde. Zu
dieser Lok sind mir bisher keine weiteren Daten bekannt.
1936 entsteht aus dem Zusammenschluss des Glaswerkes in Stolberg, der
Spiegelmanufaktur Waldhof AG in Mannheim, der Herzogenrather Glaswerke Bicheroux
& Co und des Sindorfer Glaswerkes Weber & Fortemps GmbH die "Vereinigte
Glaswerke GmbH" (VEGLA) als hundertprozentige Tochter der Compagnie de
Saint-Gobain .
Nach dem zweiten Weltkrieg erhielt die Dieseltraktion in Stolberg Einzug.
1954 lieferte die Fabrik Ruhrthaler mit der Fabriknummer 3153 eine Lok des Typs
ND 120; 1955 folgte unter der Fabriknummer 3328 eine Lok des Typs ND 165. Das
folgende Bild der ND 120 wurde auf dem Werksgelände der Firma Ruhrthaler aufgenommen.
Das nächste Bild aus dem Archiv der Firma Ruhrthaler zeigt die unter der Fabriknummer 3328 gebaute ND 165.
Die beiden Bilder der Lokomotiven der Firma Ruhrthaler stellte mir Jens Merte aus seinem Archiv zur Verfügung.
Ursprünglich für das Vegla Werk in Herzogenrath wurde 1947 eine Deutz-Lokomotive
unter der Fabriknummer 46385 beschafft. Diese Lok kam später (wann?) nach
Stolberg und wurde hier bis Mitte der 90er Jahre eingesetzt.
Roland Keller konnte sie am 29.11.1984 auf dem Werksgelände bildlich festhalten.
Zu dieser Zeit war die Lok nur als Reserve für die seit 1972 eingesetzte Lok aus
dem Hause O&K vorgehalten.
Bei der O&K handelt es sich um eine Lok des Typs MB280N, die mit der
Fabriknummer 26736 1972 an die Vegla in Stolberg ausgeliefert wurde. Mindestens
bis Juli 1998 war die Lok im Einsatz bei der Vegla. Dies lässt sich anhand des
folgenden Fotos, welches am 15. Juli 1998 am Bahnübergang an der Münsterbachstraße
entstand, belegen.
Spätestens mit der Indienststellung der O&K dürfte die Dampflok abgestellt
worden sein.
Sie wurde als rollfähiges Denkmal auf dem Werksgelände aufgestellt und gerne bei
Eisenbahnveranstaltungen in Stolberg ausgestellt. So durfte sie auch anlässlich
des Dampflokabschiedsfestes im April 1976 im Bw Stolberg nicht fehlen.
Die meiste Zeit verbrachte sie auf dem Werksgelände. Es bedurfte schon immer
gewisser Überredungskünste, um auf dem Gelände ein Foto der Lok machen zu
dürfen. Am 25.01.1992 gelang Werner Knüfer dieses „Kunststück“.
Aus dem rollfähigen Denkmal wurde eine Denkmallok. Nach einer aufwendigen Aufarbeitung wurde die Lok 2007 an ihrem heutigen Standplatz an der Nikolausstraße aufgestellt, denn sie jedoch nur noch per Kran verlassen kann.
Zwischenzeitlich erhielt die Lok sogar eine halbseitige Überdachung, so dass ein
Foto außerhalb des Werksgeländes nur noch bedingt möglich ist.
Auch die Deutz 46385 blieb bis heute erhalten. Sie wurde im Museum Zinkhütter
Hof als Denkmallok aufgestellt. Allerdings haben hier Witterung und Vandalismus
ihrem Aussehen erheblich geschadet.
Als Nachfolge für die O&K Lok wurde ein Zwei-Wege-Unimog angeschafft, der einem Sub-Unternehmer gehörte. Dieses Fahrzeug habe ich erstmals am 04.08.2003 fotografiert.
2000 wurden die Vereinigten Glaswerke in die Saint-Gobain Deutschland GmbH
umbenannt. Ein Jahr später, 2001 wurde vor Wiederaufnahme des Personenverkehrs
die Talbahn grundlegend saniert. Es entstand u.a. der weiter oben bereits
erwähnte Haltepunkt Stolberg-Schneidmühle. Im Rahmen dieser Sanierungsarbeiten
wurde der Werksanschluss im Bereich des Schnorrenfeldes zurück gebaut.
Verblieben ist bis heute der Werksanschluss im Bereich der Münsterbachstraße.
Bis Dezember 2009 erhielt Saint Gobain auf dem Schienenweg eine regelmäßige
Belieferung mit Soda, welches aus Bitterfeld angeliefert wurde. Seit 2010 werden
diese Transporte per LKW durchgeführt. Es findet derzeit kein Transport von und
zum Werk mit der Bahn statt. Der oben erwähnte Zwei-Wege-Unimog wurde sogar noch
durch ein neueres Modell ersetzt, aber auch dieses Fahrtzeug konnte nicht mehr
gesichtet werden.
Mittlerweile findet kein Werkbahnverkehr mehr statt. Der ehemalige Gleisanschluss ist zwar noch vorhanden, allerdings hat die Natur sich diesen Platz mehr und mehr zurück erobert.
Der Deutz 46385 konnte man bei meinem Besuch am 31.10.2019 deutlich die Jahre, die sie nun schon im freien am Museum Zinkhütterhof abgestellt ist, ansehen.
Hier noch in tabellarischer Form eine Auflistung der bei Saint-Gobain
eingesetzten Lokomotiven:
Hersteller | Fabriknummer | Baujahr | Typ | Art | Bemerkungen |
O&K | 2162 | 1907 | Bfl | neu an Saint-Gobain Stolberg | |
Hanomag | 6825 | 1913 | Cn2t | neu an Saint-Gobain Stolberg 1970 im Betriebsdienst vorhanden heute Denkmal |
|
Henschel | 18266 | 1921 | Bn2t | neu geliefert an Saint-Gobain Stolberg 1967 im Betriebsdienst vorhanden |
|
Deutz | 46385 | 1947 | A6M517R | B-dh |
28.02.1947 geliefert an Vegla, Herzogenrath => Wechsel nach Stolberg als
Lok 2 1995/1996 =>Denkmal im Industriegeschichtlichen Museum Zinkhütterhof in Stolberg (15.03.11 vh) |
Ruhrthaler | 3153 | 1954 | ND 120 | B-dm | 25.05.54 geliefert an Vegla, Stolberg 1960 vh 19xx => Frans v.d. Bossche, Aartselaar, für Müllverladung Mont-St. Guibert bei Wavre [B] "7" /19xx => Sobemai (Händler), Maldegem [B] (09.1984 a vh, v/v) Verbleib (?) |
Ruhrthaler | 3328 | 1955 | ND 165 | B-dm | 03.05.56 geliefert an Vegla, Stolberg 06.1969 vh 19xx => Fa Layritz, Penzing 10.1981 vh 198x => Fa Gleismac Italien |
O&K | 26736 | 1972 | MB280N | B-dh | 11.10.72 geliefert an Vegla, Stolberg
als Lok 1 1997 (vh) 199x => Firma Rangier-, Service- und Transportgesellschaft mbH (RST), St. Ingbert 199x => Einsatz bei Kalksteingrube Auersmacher GmbH, Kleinblittersdorf-Auersmacher 12.10.2013 vh 02.2020 => über P&O Rail an Theo Steil GmbH, Trier 03.2020 vh |
Zweiwege-Unimog | gehört einem Sub-Unternehmer 2003 vh |
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Zweiwege-Unimog | 06.2007, 12.2009 vh |